Die Mittelstufe während der Lockdown-Zeit

Gross war der Jubel, als noch während der Rietlichor-Probe die Meldung eingetroffen war, dass der Bundesrat ab dem kommenden Montag die Schulen schliessen lässt. Sie ahnten noch nicht, was alles damit verbunden sein wird: Abmachen mit den Freunden und Freundinnen tabu, rausgehen zum Spielen nicht erwünscht - und Hausaufgaben gibt's erst noch oben drauf.

Noch am selben Wochenende trafen Meldungen bei mir ein, es sei langweilig. Die Schülerinnen und Schüler würden einander bereits vermissen. Es war ein erster Vorgeschmack, was da auf sie zukommen würde.

Entsprechend bedrückt war die Stimmung, als dienstags darauf alle Kinder sämtliche persönlichen Schulsachen im Rietli abholen kamen. Niemand wusste, wann wir wieder in diesem Klassenzimmer sein werden. Niemand wusste, wie sich die Krise entwickeln wird. Und ob es je wieder so wie vorher sein wird?

Was aber in diesen Tagen absolut beeindruckend war: Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Eltern nahmen diese Herausforderung in einer Positivität und Unkompliziertheit an, die erfrischend war. Jeder wusste, dass alle Beteiligten eine solche Situation zum ersten Mal durchmachen. Entsprechend unterstützend war dann auch die Grundhaltung aller. 

Vorschläge guter Ideen von Eltern fanden sich auf Wochenplänen wieder, Merkblätter wurden geteilt und Thierry fragte, nachdem er einen meiner Erklärvideos auf Youtube angeschaut hatte, per WhatsApp: "Könnten Sie mal einen Livestream im Youtube machen? Wir könnten dann gleich Fragen stellen, wenn etwas unklar sein sollte." Diese Livestreams wurden zu unserem freitäglichen Ritual, bei dem wir gewünschte und ausgewählte Aufgaben des Wochenplans nochmals behandelten.

Eindrücklich war für mich zu erfahren, wie kreativ die Schülerinnen und Schüler abseits der Schule sind. Bei den Telefonaten mit Eltern und Kindern erfuhr ich so manches, was sie im Alltag so treiben. Tim baute einen Motor, Thierry einen Bike-Parcours im Garten, Ben bastelte sich zu Fitnesszwecken Hanteln, Simona erstellte in bester Andri-Ragettli-Manier einen "Der Boden ist Lava"-Parcours - um nur einige Beispiele zu nennen. Es sind Einblicke, die im Schulalltag leider oft untergehen.

"Beim nächsten Gespräch möchte ich für Sie etwas spielen", sagt ein Schüler seiner Lehrerin, Frau Bosshard, am Telefon und macht sich sofort ans Üben. Und wie versprochen und angekündigt spielt der Schüler per Telefon ein Ständchen. "Es war so berührend", erzählt die gänzlich beeindruckte Lehrerin.

Während den Ferien zeichnete sich langsam ab, dass das Ende der Homelearning-Zeit bald kommen wird. Dennoch starteten wir mit einer grossen Veränderung - den Videokonferenzen. Endlich sahen sich alle Schülerinnen und Schüler wieder einmal als ganze Klasse. Selbstverständlich war der eigentliche Zweck dieser Meetings das Vermitteln schulischer Inhalte. Doch der emotionale Wert, einander wieder mal zu sehen, die vertrauten Sprüche zu hören und anbringen zu können, war wohl weit höher. Und dennoch: Nach einer ausgiebigen Begrüssungszeremonie konnte sehr diszipliniert und toll gearbeitet werden.

Der Jubel ist wieder gross. Wer hätte das gedacht, dass sich die meisten Schülerinnen und Schüler danach sehnen, wieder in die Schule zu dürfen?